Praxis der Strafverteidigung
Gabriele Jansen
ZEUGE UND AUSSAGEPSYCHOLOGIE
2. Auflage, 2012
44,95 €
ISBN 978-3-8114-4861-2
Strafverteidigerin Gabriele Jansen beherrscht die Methodik der Aussagebeurteilung seit vielen Jahren. In Prozessen, in denen Zeugenaussagen eine entscheidende Rolle spielen, ist diese Spezialisierung unverzichtbar. Seit 2002 fordert auch das Bundesverfassungsgericht die Beachtung aussagepsychologischer Erkenntnisse bei der Beurteilung von Zeugenaussagen.
Strafverteidigerin Gabriele Jansen war seinerzeit Verteidigerin des Hauptangeklagten in den sog. Wormser Missbrauchsprozessen, in denen 25 Personen im Verdacht standen, ihre und fremde Kinder sexuell missbraucht zu haben. Die Anklageschrift stützte sich hauptsächlich auf die Aussagen der Kinder, die jedoch alle massiv suggestiv beeinflusst waren. Selbsternannte Kinderschützer - vor allem aus dem Verein Wildwasser Worms e.V. - hatten sich zum Ziel gesetzt, den sexuellen Missbrauch aufzudecken, den es tatsächlich nicht gegeben hat. "Gut gemeint, aber schlecht gemacht", urteilte das Landgericht Mainz. Denn auch die ursprünglich hinzugezogenen aussagepsychologischen Sachverständigen (sog. Hausgutachter) hatten die Suggestionsproblematik noch nicht einmal im Ansatz erkannt. Erst die wissenschaftlich ausgewiesenen Professoren Schade, Kluck und Steller klärten die Strafjustiz in Mainz über die Grundlagen der modernen Aussagepsychologie auf. Bis dahin befanden sich die meisten Anklagten aber bereits 2 1/2 Jahre unschuldig in Untersuchungshaft. Auch wenn alle freigesprochen wurden, ist der seelische Schaden für Eltern und Kinder nicht gut zu machen.
Strafverteidigerin Gabriele Jansen erlebte die Unkenntnis von Justiz und Psychologen hautnah. Dieser Prozess wurde für sie zu einem Schlüsselerlebnis in ihrem beruflichen Strafverteidigerweg. Fortan befasste sie sich selbst mit der Aussagepsychologie, um zukünftig kompetent falschen Gutachten zugunsten ihrer Mandanten begegnen zu können. Hierbei kam ihr ihr ohnehin vorhandenes Interesse und Geschick an Psychologie zu gute.
Heute fertigt sie im Rahmen eines Aussage Check oder Gutachten Check Stellungnahmen zu Falschaussagen und fehlerhaften aussagepsychologischen Gutachten an.
Bis dahin war sie auch schon häufig mit Gutachten aus dem Bereich der Psychiatrie (Schuldfähigkeitsgutachten) befasst.
Dass sie das Fachbuch "Zeuge und Aussagepsychologie" schrieb, das erstmal 2004 erschien, war eine logische Folge der Spezialisierung. Ziel ist es, der Justiz eine Art Nachschlagewerk der deutschsprachigen aussagepsychologischen Literatur an die Hand zu geben.
Schnell hatte sich schon die erste Auflage etabliert und ist zu einem Klassiker der Praxis der Strafverteidigung geworden. Die zweite Auflage ist 2012 erschienen. Sie wurde um ca. 100 Seiten erweitert und enthält nun auch eine ausführliche Darstellung der hypothesengeleiteten Begutachtung. Daneben finden sich auch vielzählige Praxistipps und Fragebeispiele. Wegen der besonderen Bedeutung - und weil sich die Fachliteratur damit erkennbar bislang nicht befasst -ist dem Umgang mit dem Zeugen durch Mitarbeiter sog. Opferhilfevereine und dessen Auswirkung auf die Qualität der Aussage ein eigenens Kapitel gewidmet.
Das Fachbuch ist nicht nur für den Strafjuristen informativ. In allen rechtlichen Bereichen kann es im Einzelfall auf das, was ein Zeuge aussagt, entscheidend ankommen. Das gilt für Disziplinarverfahren genauso wie für Zivilverfahren.
Es kommt immer auf die Qualität der einzelnen Aussage an. Fundierte aussagepsychologische Kenntnisse können helfen, überhaupt die richtigen Fragen an den Zeugen zu stellen und damit der Wahrheit zumindest ein Stück näher zu kommen.